Wo Lennon und Cohen sich die Hand gaben

Der Musikverein Reetz lud zum traditionellen Neujahrskonzert

Von Stephan Winand

„Wo Lennon und Cohen sich die Hand gaben“ – so könnte man das diesjährige, traditionelle Neujahrskonzert des Musikvereins Reetz titulieren. Trotz einiger personeller Ausfälle hat die Truppe um Jörg Schramm in gewohnter Weise ein überaus hörenswertes Konzert vorbereitet, zu dem das Bürgerhaus in Reetz am vergangenen Samstag wieder gut gefüllt war.

Zum zünftigen Auftakt boten die Künstler „So schön ist Blasmusik“ von Erich Becht. Mit der zweiten ausgewählten Komposition, nämlich „Theme Classique“ aus dem Jahre 1994 bewiesen die Musiker, dass auch schwierige Kompositionen leicht und erhebend klingen können. Mit diesem Stück, welches für den erfahrenen, klassischen Musiker starke Elemente bekannter Komponisten enthielt (z. B. Händel und Bortnianski), wurde Schramm seinem Markenzeichen gerecht. „Fast Himmelblau“ – ein typisches Walzerstück – folgte „Selections from The  Lion King“, ein im Anfang eher ruhiges Stück, bei dem Solist Hermann Brenner brillierte. Die metrisch faszinierende „Heublumen-Polka“ führte die Liebhaber der „echten Blasmusik“ gerade auf das dann folgende „Hallelujah“ von L. Cohen zu. Solist Thomas Heinen begann, und die weiteren Soli warfen sich die Blechbläser gleichsam untereinander zu. Den Abschluss des ersten Teils bildete das Stück „Polkafreude“.

Der zweite Teil wurde durch das Stück „Gipfelsturm“ eingeleitet. Hier hielt der Name, was er verspricht. In einen blutroten Hintergrund getaucht folgte das nächste Highlight: „Game Of Thrones“. „Hello, Mary Lou“ folgte im Anschluss, wobei das durchaus interessante „Tuba-Solo“ durch die Musiker Stefan Hermeling und Erhard Franzen zu erwähnen wäre. Mit der „Jehlička-Polka“ feierte der elfjährige Schlagzeuger Nico Graff sein fabelhaftes Debüt, das das Auditorium mit frenetischem Applaus belohnte. „Imagine“, der bekannte Song des legendären John Lennon, verleitete die Soliten Thomas Heinen und Hermann-Josef Brenner zu einem interessanten, musikalischen Zwiegespräch unter Musikern. Nach der „Heidrun-Polka“ von Franz Watz ging es mit dem sehr akzentuierten Stück „Time of my life“ weiter. Beim darauf folgenden Stück „Supertramp“ ließ Dirigent Schramm es dem Publikum offen, ob das Stück eher dem Jazz oder dem Pop zuzuordnen ist.

Vor dem letzten Stück folgten die Dankesworte des Vorsitzenden, der besonders Alexander Mey und Günter Prämassing für ihr Mitwirken im Hintergrund dankte. Beide, Mey und Prämassing, packen (nicht nur zu Gunsten der Musikkapelle) im Dorf an den unterschiedlichsten Stellen an und helfen so mit, dass die Dorfgemeinschaft noch gut funktioniert. Und weiter dankte der Dirigent selber mit einem riesigen Blumenstrauß seiner Ehefrau, die ihm neben Hauptberuf und Familie den Rücken für seine künstlerische Tätigkeit freihält und so der Region weiterhin einen Top-Orchesterleiter beschert.

Den Abschluss bildete das bekannte „Auf uns“ von A. Bourani. Jedoch entließ das Publikum das Orchester begründeter Weise  nicht ohne zwei Zugaben: „Mein Tiroler Land“ und die „Reetzer Nationalhymne“.

Es bleibt zu hoffen, dass der Trend in einer Gesellschaft, die Musik zu jeder Tages- und Nachtzeit „abrufbar“ hält, dieses fabelhafte Orchester nicht weiter schwächt und im nächsten Jahr ein genauso gut geplantes und gemachtes Konzert präsentiert werden kann. Das anwesende Publikum jedenfalls freut sich bereits jetzt auf das Konzert im Januar 2019.

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Akzente großer Filmmusik

Der Musikverein Reetz lud zum traditionellen Neujahrskonzert

Von Stephan Winand

Wer ein Freund großer kompositorischer Meilensteine der Filmmusik ist, der brauchte am vergangenen Samstag keineswegs die großen Kinos der umliegenden Städte aufzusuchen. Denn der Musikverein Reetz mit seinem Dirigenten Jörg Schramm setzte mit verschiedenen Stücken aus der cineastischen Welt äußerst hörenswerte Eckpunkte des Konzertes. Es war wohl dem Wetter und verschiedenen anderen Veranstaltungen in der Gegend geschuldet, dass das Konzertes diesjährig weniger Besucher zu verzeichnen hatte. Am Programm und der Qualität des Konzertes konnte es jedenfalls nicht liegen.

Mit „Back to the future“, bekannt aus dem gleichnamigen Film, wurde das Konzert kurz, aber prägnant eröffnet. Schon im ersten Teil zeigte sich eine präzise Abstimmung der Instrumente. Thomas Heinen, der in der Region bekannte Allroundtrompeter und Vorsitzende des gastgebenden Ensembles, eröffnete das Konzert und begrüßte die Zuhörer. Krankheitsbedingt konnte er nach einer Augenoperation diesjährig nicht mitspielen, weshalb er sein Augenmerk auf eine kurzweilige Moderation richtete. Ersetzt wurden er und einige andere abwesende, feste Ensemblemitglieder durch die ebenso renommierten Aushilfen Lukas Riethmeister, Herbert Heinz, Peter Reiferscheid und Stefan Wassong.

Weiter ging es mit Klassik (für die Tradition, ein Stück aus der Klassik in das Programm einzubeziehen, ist Schramm hinreichend bekannt): Das 1891 von Edvard Grieg komponierte „Solvejgs Song“ demonstrierte dem Auditorium, dass das Orchester auch klassisch-schwere Literatur fehlerfrei beherrscht. Im folgenden „Star-Wars“ war der Dirigent versucht, sein mit passenden Masken verkleidetes Ensemble mit einem Laser-Schwert zu dirigieren. Gottlob bemerkte er zuvor jedoch selbst, dass er damit unter Umständen seine kompletten Holzregister wegrasiert hätte, und entschied sich zum herkömmlichen Dirigat. „Wenn die Blasmusik erklingt“ von Erwin Russler und „Blütenwalzer“ von Stefan Kühndorf richtete sich dann wieder mehr an die Fans traditioneller Blasmusik. Dass eine große Botschaft nicht vieler Worte bedarf, bewiesen die Musiker mit „Gabriellas Sang“ von Stefan Nilsson. Zum Abschluss des ersten Teils durfte natürlich eine Polka nicht fehlen, und so läutete man mit „Musikalische Bauerngrüße“ die Pause ein.

Alle Facetten orchestraler Dynamik kamen beim „1809er-Marsch“ zum Tragen. „Patricia“ von Perez Prado versetzte das Publikum in das Jahr 1949. Mit der Titelmelodie zur gleichnamigen Sendung verwöhnte die Kapelle dann wieder die „Traditionalisten“ mit “Volksmusik mit Schwung“. Da jeder Musikgeschmack angesprochen werden sollte, folgte Schramm mit dem Stück „Die immer lacht“ der Disko-Sommerhittradition. Es war zwar nicht die stärkste Komposition des Abends, aber ein guter Ansatz, das ganz junge Publikum anzusprechen. Wer jetzt denkt, dass das nächste Stück vom Namen her dieser Schiene folgt, der irrt: „Geile Mucke“ von Alexander Pfluger ist in Wirklichkeit eine raffinierte Polka, die tatsächlich Ähnlichkeit mit traditioneller Blasmusik hat, und dennoch völlig anders rüberkommt. Ein hörenswertes Stück. Sommer, Sonne, Strand und einen Hauch Celentano erahnte man beim Stück „Italo Pop Classics“, bei dem Maximilian Esser und Matthias Brenner als Solisten brillierten. „Billie Jean“ von Michael Jackson und „Major Tom“ bildeten den Schlusspunkt dieses Traditionskonzertes, aus dem das Publikum Schramm und seine Truppe nicht unter zwei Zugaben entließ.

Wie in den vergangenen Jahren bleibt festzuhalten, dass das Konzert nach wie vor auf hohem Niveau stattfindet, weshalb es den einen oder die andere ärgern wird, nicht doch den Weg nach Reetz auf sich genommen zu haben. Und auch der Geräuschpegel im hinteren Teil des Saales fuhr bei Beginn praktisch auf Null, was den hart arbeitenden Künstlern den nötigen Respekt zollt, zu denen auch Wilfried Lindenlauf gehörte, der vor kurzem seinen 60. Geburtstag feierte sowie Maximilian Esser und Jacinta Brenner, die für ihre 10jährige Musikerkarriere geehrt wurden.